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Klartext | Der Untergang des Großhandels?
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Der Untergang des Großhandels?

„Der Untergang des Großhandels“. Was sich hier anhört wie der Titel eines höchstens mittelmäßigen Blockbusters ist in Wahrheit die düstere Prognose für den Großhandel des Gartenbaus. Untergang. Ruin. Zerfall. Das Ende. Mann o Mann.  

Nun gut, ganz so ist es nicht. Doch wenn man den aktuellen Stimmen vor allem in den Niederlanden Glauben schenkt, die meinen, der Großhandel wäre eher hinderlich statt förderlich, könne man fast denken es sei dringend Zeit für eine neue Ära Gartenbau. Grüne Branche 2.0 sozusagen. Ohne Großhandel. Stattdessen mit kürzeren Lieferwegen, weniger Kosten, effizienteren Strukturen und schlussendlich mit mehr Geld. Denn darum geht es doch immer, wenn wir mal ehrlich sind.

Doch ist die Formel wirklich so einfach? Großhandel weg = Alles wird gut? Wir sagen: Ganz so ist es nicht. Nein, mehr noch, so ist es überhaupt nicht, denn dieses Thema ist schon etwas komplexer, wenn nicht sogar ziemlich brisant und eine allgemeingültige Antwort gibt es nicht. Trotzdem wagen wir es hier und heute eine Behauptung aufzustellen, die da lautet: Ohne Großhandel geht es nicht. Was wir brauchen ist keine Grüne Branche 2.0. Sondern einen Großhandel 2.0.

Schon der Internet-Boom der 90er Jahre drohte durch seine direkte Verbindung von Herstellern und Abnehmern dem grünen Großhandel den Gar aus zu machen. Sagte man. Und was war? Gar nichts. Heute lässt sich feststellen, dass das internetbasierte Direktgeschäft mit Blumen & Pflanzen überbewertet wurde und bis dato noch immer kein so wirklich konkurrenzfähiger Ansatz gefunden wurde. Die meisten Großhändler der 90er existieren munter weiter und es sind sogar noch einige hinzugekommen. Allesamt halten sie heute wie damals die Mittelposition zwischen Produzent und Handel im Absatzkanal inne, immer mit der Herausforderung Wertschöpfungsprozesse effizienter zu gestalten, denn die Globalisierung, stagnierende Märkte und der damit verbundene hohe Konkurrenzdruck gehen leider auch am Gartenbau nicht spurlos vorbei.

Sehen wir uns die Situation einmal realistisch an: Der Umsatz von Blumen und Pflanzen stagniert oder ist sogar rückläufig. Traditionelle Bindungen wie die Treue der Handelspartner zueinander nehmen ab. Es gibt im Gartenbau nur wenige Ansätze die junge Zielgruppe anzusprechen. Der Verkauf von Blumen und Pflanzen verlagert sich allmählich vom Fachhandel zu branchenfremden Anbietern und am Ende fehlt es dem Blumengroßhandel auch schlicht an Nachwuchs. Keine besonders rosigen Zukunftsaussichten. Also doch der Untergang? Ist es da nicht die beste Lösung die Wertschöpfungskette so zu rationalisieren, dass der Gärtner direkt mit dem Kunden Geschäfte macht? Kann man nicht einfach die ganze Branche auf Kosten des Großhandels kernsanieren und das Ganze als Kollateralschaden abstempeln?

Tja, so einfach ist das nicht. Denn auch wenn der Großhandel durchaus zu kämpfen hat, so hat sein Dasein im Gartenbau nicht nur eine Berechtigung sondern eine absolute Notwendigkeit. Der Großhandel kennt nationale und internationale Märkte wie kein anderer, er weiß um verschiedene Absatzkanäle, kann flexibel auf sich verändernde Marktbedingungen reagieren und hält die logistischen Strukturen inne, von den Kundenkontakten mal ganz zu schweigen. Das ist im Grunde das Wichtigste: Nur wer die Kunden hat, kann das Geschäft abschließen. Ein Gärtner kann ein solches Arbeitspensum nur schwer leisten. Das was er an einer direkt verkauften Pflanze spart, zahlt er doppelt und dreifach wieder drauf, einfach nur durch die Zeit die es braucht einen Kunden so zu betreuen wie es nötig ist um „ordentlich was zu drehen“. Im Endeffekt vervielfacht der Gärtner mit vielen kleinen Direktgeschäfte lediglich die Anzahl seiner Abladestationen und nicht seinen Gewinn. Denn den muss er meistens abtreten, für den Kunden muss es sich ja schließlich auch lohnen den Großhandel außen vor zu lassen. Und damit würde das Ganze wieder von vorne losgehen – niedrigere Preise, höherer Konkurrenzdruck und eine hohe Abnehmermacht, der die Gärtner oft wehrlos gegenüberstehen. Nur ohne Großhandel halt. Dafür mit wesentlich mehr Arbeit.

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Halten wir fest: Ohne Großhandel geht es also nicht, mit aber auch nicht so wirklich, sonst würde seine reine Existenz ja nicht dauernd in Frage gestellt werden. Doch wie geht es dann? Es ist immer leicht zu sagen wie etwas nicht geht. Weniger leicht ist es einen Weg aufzuzeigen wie es geht, vor allem wenn dieser Weg sich sowohl als schnurgerade Schnellstraße Richtung Erfolg entpuppen kann, als auch als Sackgasse. Lösungen kann nur finden wer sie ausprobiert und genau da wollen wir ansetzen. Wir liefern hier weder ein Patentrezept noch einen allgemein gültigen Fahrplan zum schnellen Geld. Was wir allerdings haben, sind jede Menge Ideen. Und was wir wissen ist dies: Es muss sich etwas ändern.

Großhandel und Gärtner können keine schnöde Parallelexistenz kultivieren, sondern müssen neue Wege finden Hand in Hand zu arbeiten. Gemeinsam Richtung Zukunft zu blicken. Und mehr voneinander zu profitieren. Solution Selling ist das Stichwort. Wir meinen: Der Großhandel muss sich weiter entwicklen, vom reinen Produktverkäufer zu einem umfassenden Lösungsanbieter. Es geht darum nicht nur logistische Schnittstelle zu sein, sondern vielmehr den Gärtner und den Kunden soweit zu verknüpfen, dass alle Stationen des Wertschöpfungsprozesses gemeinsam auf Erfolgskurs gehen können. Der Gärtner muss das richtige Produkt in der richtigen Qualität zur richtigen Zeit liefern können. Er braucht dafür laufend aktuelle, umfassende Informationen darüber, was am Markt gefragt ist. Was der Endkunde wünscht. Wie er sein Produkt verbessern oder aufwerten kann. Oder sogar kombinieren. Diese Informationen muss er vom Großhandel bekommen, der wiederum mit seinen Kunden, also mit dem Fach- und Einzelhandel stetig an aktuellen Verkaufs- und Vermarktungskonzepten arbeiten muss. Immer mit dem Ziel den Endkunden optimal zu bedienen. Nur wenn alle Parteien gemeinsam an einem Strang ziehen, lassen sich brachliegende Erfolgspotenziale erkennen und schlussendlich in Geld umwandeln. Der Absatz steigt.

Zugegeben, dies ist keine Lösung für den schnellen Erfolg, sondern ein langfristiger Ansatz, der im Tagesgeschäft oft schwierig zu verfolgen ist. Grade mittelständische Unternehmen tun sich hier schwer, da sie gnadenlos am Ende jeden Jahres am Verkauf gemessen werden und langfristige Investitionen sich zu Beginn nie in den Zahlen niederschlagen, zumindest nicht sonderlich positiv. Trotzdem sind wir der Meinung, dass in einem Markt mit zunehmenden Preiskämpfen um gute Ware eine reine Fokussierung auf Qualität nicht mehr ausreichend ist. Um sich im Wettbewerb zu behaupten, muss der Kunde mit seinen Wünschen und Bedürfnissen noch stärker in den Fokus gesetzt werden.

Am Ende bieten Blumen und Pflanzen noch immer ein so großes Potenzial, dass alle Handelsstufen wunderbar davon leben können – wenn es denn richtig genutzt wird. Wenn Gärtnerwissen mit Marktinformationen und Kundenbedürfnissen verknüpft wird, steigt die Aussicht auf florierende Geschäfte enorm und wenn der Großhandel sich zunehmend darauf konzentriert ein ganzheitlicher Vermittler zwischen Gärtner und Kunden zu werden, der alle Parteien mit ins Boot holt und immer wieder auf den richtigen Kurs bringt, dann wird sich die Diskussion um seine Daseinsberechtigung ganz schnell erledigen. Die Zukunft liegt im Netzwerk.

Dem Gärtner können wir bis dahin nur sagen: Nutzt euren Großhandel. Holt euch die Infos darüber, was der Endkunde will um eure Produkte weiterzuentwickeln und an seine Bedürfnisse anzupassen. Seid wachsam und liefert dem Großhandel nicht nur gute Produkte sondern echte Argumente sie zu verkaufen. Wie das gehen kann, das ist ein anderes – nicht weniger umfangreiches – Thema. Vielleicht sind unsere Blogartikel ja ein Anfang. Hier haben wir etwas über Fotos, neue Verwendungsmöglichkeiten, Wettbewerbe und Etiketten geschrieben – lest’s euch durch, jeder neue Anfang beginnt mit einem ersten Schritt.

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1Comment
  • Volker Müller
    Posted at 13:37h, 28 Oktober Antworten

    Klasse geschrieben. Viele interessante Ansätze aufgezeigt. Ich hoffe, dass recht Viele mal ernsthaft die Situation überdenken….
    Im Kern könnte man den Niederländern recht geben….aber eben nur im Kern, weil dieses Thema sehr komplex ist und der Gärtner/Produzent mit seinem Unternehmen schon genug um die Ohren hat. Beide Seiten brauchen ein Update und in Teilen ein neues und modernes Setup.

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