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Klartext | Trend „Regio“ – Blödsinn oder Umsatzbringer?
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Trend „Regio“ – Blödsinn oder Umsatzbringer?

Geht man heute in den Supermarkt kann man sich vor lauter Gütesiegeln kaum noch retten. Bio, Fairtrade, Vegan, Glutenfrei und so weiter und so fort heißen die Stempel, die dem Kunden suggerieren sollen: Hier kaufst du was ganz Tolles. Der letzte Schrei: Regionale Produkte. Auch hier gibt es mittlerweile viele Ansätze, von cleveren Marketingoffensiven bis hin zu Zertifizierungen mit Regeln und Vorgaben, die zumindest grob festgelegt sind.

Wo der Lebensmittelhandel das regionale Spiel schon auf hohem Niveau spielt, heißt es auch im Gartenbau mittlerweile immer häufiger: Regional ist top. Pflanzen aus der Region, Kräuter von Nebenan oder ein Balkonkasten direkt vom Gärtner, der am besten noch mit grüner Schürze höchstpersönlich in der Erde wühlt. Das soll Kundennähe, Natürlichkeit und Nachhaltigkeit vermitteln. Aber funktioniert das wirklich? Kann ein professioneller Gartenbaubetrieb es sich leisten seine Produkte regional zu vermarkten? Oder ist die ganze Regio-Offensive vollkommener Blödsinn?

Berge, Bier und Dirndl – Regionen mit Charakter und Produkte mit Heimvorteil.

Um das zu beantworten müssen wir zunächst eine Frage klären: Wie funktioniert überhaupt Regionalvermarktung? Die Antwort ist einfach: Produkte aus einer Region werden mit Charaktereigenschaften dieser Region verknüpft, nutzen diese als Verkaufsargument. Wenn man uns fragt: „Wofür steht die Mosel“, so würden wir wohl alle wie aus der Pistole geschossen mit „Weinberge“ antworten. Wenn es um Bayern geht, kommen uns Weißwürste, Bier, Berge und Dirndl in den Sinn und Ostfriesland steht für plattes Land und Meer. So hat jede Region ihren ganz eigenen Charakter, der sich auch auf ihre Produkte niederschlägt, schließlich ist es mit Sicherheit einfacher „Wein von der Mosel“ zu verkaufen als „Wein, direkt vom Fischkutter“.

Doch es gibt noch einen weiteren Ansatz für Regionalvermarktung, der da lautet: Ich verkaufe meine Produkte jetzt direkt vor meiner Tür. Das heißt: Produkte werden regional erzeugt und auch regional verkauft. Denn: Regionen stehen für Emotionen. Für Zuhause. Für Bodenständigkeit. Für Authentizität. Und genau das wird beim Verkaufen genutzt. Verbrauchernah erzeugte Produkte haben also einen „Heimvorteil“, eine besondere emotionale Qualität für den Konsumenten. Und genau das scheint der entscheidende Erfolgsfaktor zu sein. Oder nicht?

Gartenbau Ricken-74

Der süße kleine Hofladen. Ist er die Lösung?

Wir kommen um die Frage nicht drum herum: Wie sollen wir dieses Prinzip im Gartenbau nutzen? Sollen wir unsere Pflanzen jetzt alle nur noch in unserer eigenen Region verkaufen? Brauchen wir alle den „süßen kleinen Hofladen“ vor der Tür? Die Antwort ist ganz klar: Nein. Das brauchen wir nicht. Zumindest nicht wir alle. Wer seinen Verkauf nur noch auf eine Region konzentriert, der wird nicht lange überleben. Wer in seinem Hofladen am Tag fünf Pflanzen verkauft, wenn er seine Produkte eigentlich karrenweise an den Mann bringen könnte, der setzt auf‘s falsche Pferd. Und wer sich einbildet, die kürzeren Transportwege würden echte Einsparungen bedeuten, der irrt sich – die Fracht zahlt noch immer der Kunde. Die tatsächlichen Vorteile für den Gartenbau sind also eher klein. Aber warum setzen dann so viele auf Regionalmarketing? Sind die alle blind?

Nein, sind sie nicht – denn auch wenn die Transportwege vielleicht tatsächlich gar nicht kürzer sind. Wenn die Qualität völlig gleich bleibt, ob man jetzt nach Bayern verkauft, oder ins Saarland. Der Clou dabei ist: Das weiß doch der Endverbraucher nicht. Dem Verbraucher ein gutes Gefühl geben, darauf kommt es an. Dabei ist es vollkommen egal ob die Argumente vielleicht gar keine echten Argumente sind. Wichtig ist nur, dass wir keine Unwahrheiten erzählen, sonst geht die Glaubwürdigkeit flöten.

Gartenbau Ricken-84

Einfach. Klassisch. Marketing. Nur eben mit regionales Argumenten.

Fassen wir also Zusammen: Regionalvermarktung bringt keine wirklich logistischen oder organisatorischen Vorteile mit denen wir groß Geld sparen können. Wenn wir aber von RegionalMARKETING reden – dann stehen wir auf einmal vor einem ganzen Feld voller Möglichkeiten dem Endverbraucher unsere Produkte schmackhaft zu machen. Und vielleicht am Ende für dieselbe Pflanze eine ganze Ecke mehr Geld zu verdienen.

Regionale Produkte suggerieren dem Kunden eine hohe Produktqualität. Sie scheinen frischer und gesünder zu sein. Durch kurze Transportwege, gute Produktionsbedingungen und Transparenz in der Herstellung geben sie dem Käufer das Gefühl „Hier weiß ich was ich kriege“. Auch patriotische Argumente, wie zum Beispiel die Unterstützung der heimischen Wirtschaft spielen beim Kauf eine Rolle. Das heißt: Ist ein positives Image der Region vorhanden, so hat dieses auch Einfluss auf die Produkte der Region. Der Kunde zahlt im Endeffekt einen höheren Preis, und das beste daran: Er fühlt sich auch noch gut dabei.

„Die Tatsache, dass Produkte aus der Region stammen und nicht aus dem Ausland, gibt mir ein besseres Gefühl.“ Das ist nur eine Aussage einer Umfrage des Forsa Institutes, die bestätigte: 65 % der Verbraucher achten beim Kauf von Lebensmitteln auf die regionale Herkunft. Warum sollte das bei Blumen und Pflanzen anders sein?

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Erfolgsfaktoren: Kennzeichnung. Emotion. Marke.

Die Basis eines guten Regionalmarketings ist dabei – wie immer – ein gutes Produkt. Wenn die Qualität nicht stimmt, dann müssen wir über Marketing gar nicht erst reden, dann haben wir ganz andere Baustellen.

Aber nehmen wir einmal an wir haben eine Bomben-Pflanze, die wir mit regionalen Argumenten verkaufen möchten. Das Allerwichtigste: Der Verbraucher muss sie überhaupt als regionales Produkt erkennen können. Und dazu braucht es eine klare Kennzeichnung. Im regionalen Bereich gibt es noch nicht wirklich viele anerkannte Siegel, klare Richtlinien oder genaue Definitionen wie es z.B. beim Bio Siegel der Fall ist, deswegen ist Kreativität gefragt. Manche basteln sich einfach ihr eigenes Gütesiegel. Manche drucken sich selbst auf die Verpackung drauf. Manche schreiben einfach groß „REGIONAL“ auf das Produkt. All´ das kann der richtige Weg sein, das muss individuell, von Fall zu Fall entschieden werden.

Wenn die Kennzeichnung da ist, dann kommt es auf die emotionale Positionierung an. Es gilt, dem Verbraucher gar klar zu sagen, warum er mit dem Kauf dieses Produktes den richtigen „Griff“ landet. Ist es wegen der hohen Qualität? Wegen der persönlichen Note? Ist es, weil er damit die regionale Wirtschaft stärkt? Oder ist es vielleicht weil es genau diese Pflanze nur und ausschließlich in einer einzigen Region Deutschlands gibt? Das alles können Argumente sein, die schlussendlich den höheren Pries rechtfertigen. Welches das richtige ist, das ist von Pflanze zu Pflanze verschieden.

Die hohe Kunst des Marketings

Mit vernünftiger Kennzeichnung und einer guten emotionalen Begründung kann man schon ´ne Menge reißen. Doch wer es dann auch noch schafft, sein Marketing auf verschiedene Produkte auszuweiten, der ist im Begriff eine echte Marke aufzubauen und wäre damit im Gartenbau definitiv Vorreiter. Markenbildung ist nicht umsonst die hohe Kunst des Marketings. Wir sprechen von einem echten Image, das in den Köpfen der Endverbraucher verankert ist und schlussendlich pures Geld wert sein kann.

Wer wagt, gewinnt.

Im Gartenbau gibt es für den produzierenden Betrieb jetzt zwei verschiedene Möglichkeiten des Regionalmarketings: Entweder er macht‘s alleine. Oder zusammen mit anderen Gärtnereien.

Einzelbetriebliches regionales Marketing, ist nichts anderes als ein einzelner Betrieb, der sich ein schönes Marketing für seine Pflanzen ausdenkt. Oder ausdenken lässt. Und die Botschaft zielt dann eben nicht auf „Oh meine Pflanze hat so schöne Blüten“ oder andere Verkaufsargumente, sondern ganz klar auf regionale Alleinstellungsmerkmale.

Die zweite Möglichkeit wäre das sogenannte kooperative Marketing, bei dem sich mehrere Betriebe aus einer Region zusammenschließen und nicht nur ein gemeinsames Marketing entwickeln, sondern auch Synergien nutzen was Logistik, Sortiment, Produktions-know-how etc. angeht. Und weil an dem Satz „Zusammen ist man stärker als alleine“ noch immer ne ganze Menge dran ist, können wir sie nur ermutigen: Denken Sie mal drüber nach. Wer wagt, gewinnt.

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